Letzte Woche hatte ich bereits in dem zweiten Teil dieser Serie über Burnout bei Kindern berichtet. Nun folgt der dritte Teil mit Symptomen bei Grundschulkindern. Burnout ist ein moderner Begriff und enthält verschiedene Symptome in sich. Eines davon ist die Depression, die wir von den erwachsenen Menschen kennen. Das zweite Symptom, worüber ich hier schreiben möchte, ist die innere Unruhe, das Gefühl nicht gut genug zu sein und die Frage, ob Eltern genug Zeit für ihr Kind haben?


An dieser Stelle möchte ich bereits erwähnen, dass einige Formulierungen bewusst überspitzt werden und sich BITTE NICHT alle Mütter und Väter angesprochen oder sogar angeriffen fühlen sollen. Mit diesem Artikel möchte ich bewusst auf Familien hinweisen, auf die einige dieser Merkmale und Situationsbeschreibungen zutreffen. Sie sind nicht zwangsläufig schlechte Eltern, sondern solche, die mit den neuen gesellschaftlichen Erwartungen ebenso überfordert sind, wie die betroffenen Kinder. Die Erwachsenen handeln in der Regel nicht aus bösem Willen oder mangelndem Interesse an ihren Kindern.

Zudem gibt es diese Familien häufiger, als wir alle vermuten. Es soll ein gewisses Maß an Provokation mitschwingen, damit das Tabu endlich gebrochen wird und Eltern zu dieser häufig vorkommenden Überforderung stehen dürfen! Wenn wir alle als Eltern ehrlich zu uns selbst sind, werden wir uns in einigen Punkten in diesem Text wahrscheinlich alle wiederfinden.

In meinen Lehrerfortbildungen höre ich immer wieder, dass die Eltern sehr hohe Ansprüche an ihre Kinder haben und an die Lehrer auch.

Die Kinder sollen mit mehr als sehr guten Zensuren nach Hause kommen, es muss ihnen doch auch leicht fallen und wenn nicht, dann ist der Lehrer dafür zuständig.

Viele Eltern geben die schulische Verantwortung gerne ab und übergeben diese wie selbstverständlich an die Schule. Die Lehrer der heutigen Zeit sollen das Kind sozial prägen und es sozial verträglich machen oder diese Eigenschaften korrigieren. Die Zuständigkeit der Emotionen und das emotionale Verhalten werden auch häufig übertragen und Eltern warten freudig auf das Ergebnis. Was der Kindergarten nicht geschafft hat, macht die Schule dann schon.

Die Zensuren sollen immer EINS sein und das schon in der Grundschule, weil das Abitur immer so plötzlich kommt. Die Eltern machen in der ersten Klasse bereits so einen Stress, dass das Kind dann am Ende der Grundschulzeit die eigene Kraft schon verbraucht hat. Der Druck, dass nach der vierten Klasse die Weichen für die weitere Schullaufbahn gestellt werden und Eltern immer das Beste wollen für ihr Kind, setzt Mütter und Väter so sehr unter Spannung.

Doch….da ist das kleine Kind. Der kleine Grundschüler, der viel LEISTEN soll!

Ein kleiner Tagesablauf:

° Früh aufstehen.

° Frühstücken, wenn’s das gibt.

° Den Schulweg bewältigen.

° Die Schulstunden absolvieren, mit all den schönen und nicht so schönen Eindrücken.

° Den Unterrichtsstoff behalten und verinnerlichen.

° Gute Arbeiten abliefern…ach nein, sehr gute Arbeiten abliefern.

° Nach dem Unterricht folgt die Betreuung nach dem Unterricht.

° Dann schnell nach Hause gehen oder abgeholt werden.

° Geigenunterricht, die Oma besuchen, Einkaufen mit der Mutter, Zimmer aufräumen, etc.

° Fernsehen, Computer, Wii spielen, das bieten Eltern ihren Kindern gerne nach dem Abend-

Essen an.

° Dann bettfertig machen und gaaanz schnell einschlafen.

Kann ein Kind diesen Druck und den Stress in einem so durchorganisierten Tag aushalten und standhalten? Kann sich das Kind entfalten und fühlt es sich als bedingungslos geliebtes Kind wahrgenommen? Im Schnitt funktioniert ein Kind 14-15 Stunden, davon ist es im ungefähr 8 Stunden in der Schule inkl. Betreuung. Das ist ein Vollzeitjob!

Und wenn es dann Reaktionen zeigt, wie laut werden, stören, einschlafen, hauen, kneifen, weinen, nicht still sitzen können, sind die Erwachsenen verwundert. Was hat das Kind bloß?

Viele der Kinder können auch in der Nacht nicht gut schlafen und liegen leise im Bett, denn zu den Eltern ins Bett dürfen sie ja nicht gehen. Warum? Die Eltern benötigen ihren Schlaf, weil der Tag so hart und Kräfte zehrend ist.

Ich weiß, das ist ein komplizierter Kreislauf und auch die Eltern müssen funktionieren. Leider bin ich nicht die gute Fee, die dieses System, in dem wir leben, mit einem Zauberstab abschalten und verändern kann, aber ich kann versuchen, dir die Augen etwas zu öffnen – deinen Blick auf deine Kinder zu verändern und dir zu zeigen, dass das Leben in der Familie auch Freude bringen kann. Mit Humor gehen auch Erziehung und der Alltag einfacher. Die Kinder werden dir anders vertrauen und dir mehr Akzeptanz entgegen bringen.

Meine Impulstipps für heute:

° Übe nicht so viel Druck auf dein Kind aus.

° Es gibt dir so viel an Leistung, wie es ihm möglich ist. Akzeptiere es bitte!

° Schau, wo du den Alltag verändern kannst, damit weniger zusätzlicher Leistungsdruck

besteht.

° Habe Zeit für dein Kind! Führe Rituale ein, wie das Vorlesen am Bett oder Sofa vor dem

zu Bett gehen.

° Höre deinem Kind zu, es hat so dir viel zu erzählen, um das Erlebte zu verarbeiten.

Eltern, nehmt euch mehr Zeit für Eure Kinder und holt euch Unterstützung, wenn ihr den Notausgang nicht seht. Nehmt die Lehrer mit ins Boot, denn wenn ihr ihnen offen begegnet, helfen sie in der Regel gerne.

Lehrer sind auch nur Menschen!

Die Verantwortung, wie ein Kind aufwächst, ob es selbstbewusst ist oder nicht und ob es gut ausgeglichen ist, liegt hauptsächlich in der Verantwortung der Eltern.

Kinder sind Liebe und sie verdienen eine liebevolle Kindheit. Sie benötigen für eine richtig gute Entwicklung auch Spaß in ihrer Kinderzeit.

Eine Frage zum Ende dieses Beitrages: Wie war deine eigene Kindheit? War sie anders als die Kindheit von deinem Kind jetzt? Welche Unterschiede zeigen sich auf?

In der nächsten Woche schreibe ich in dem vierten und letzten Teil dieser Serie über ein pubertierendes Kind und seine Eltern, um weiterhin zu erklären, wie es Kindern ergehen kann, die immer funktionieren sollen und ständig am Kraftlimit existieren müssen.

Solltest du Unterstützung benötigen und möchtest du meine Arbeit in Anspruch nehmen, dann stehen dir meine Beratungsangebote zur Verfügung. Melde dich gerne bei mir und in einem ersten Austausch klären wir, welches Angebot für dich stimmig sein kann.
Wenn du Fragen an mich hast oder etwas zu diesem Eintrag beitragen möchtest, dann würde ich mich über einen Kommentar freuen. Mich kannst du auch bei Facebook gern kontaktieren. Ich freue mich auf dich!

Herzlichst,

Gabi Ratsch

 

 

Bildquellen

Beitragsbild: iStock_000039868530Small

Lies auch die anderen Artikel aus der Serie „Burnout bei Kindern“

Burnout bei Kindern – Teil 1

Burnout bei Kindern – Teil 2

Burnout bei Kindern – Teil 4