Menschen, die an einem Burnout erkrankt sind, erhalten in der Regel eine gute Versorgung hinsichtlich der Behandlung. Häufig können die Behandlungsvarianten gut an die individuellen Lebensverhältnisse angepasst werden. Auch im Bereich der Prävention wird inzwischen immer mehr getan. Die Aufklärungsarbeit erfolgt auf Seiten der ArbeitgeberInnen und auch der ArbeitnehmerInnen. Haben sich die Betroffenen in Behandlung, z. B. in einer Klinik, begeben, so hört die Versorgung oftmals mit der Entlassung auf. Doch wie kann es nun weitergehen?

 

Während des Klinikaufenthaltes oder der anderen Behandlungsangebote erhalten die Personen, die an einem Burnout erkrankt sind, ein reichhaltiges Angebot. Sie erlernen neue Strategien mit alltäglichen Stresssituationen umzugehen, lernen auf sich und ihre Empfindungen zu hören und erfahren viel über die Ursachen der Erkrankung. Aber nun stellt sich die Frage, wie dieses erworbene Wissen und die neuen Fertigkeiten bei der Rückkehr in den Alltag sinnvoll umgesetzt und genutzt werden können.

 

Wenn die Nachsorge nicht unterstützt wird

 

Vor zwei Jahren hatte mich eine Lehrerin einer Realschule aufgesucht. Ich nenne sie Birte. Die Frau war mit 37 Jahren an einem Burnout erkrankt. Allein der Weg bis zu einer Diagnose war weit. Zwar hatte der öffentliche Arbeitgeber viel Energie in die Prävention investiert, allerdings keine Sensibilität für das komplexe Thema entwickelt. So wurde Birte auch innerhalb ihres Kollegenkreises und unter den Vorgesetzten als überforderte Lehrerin abgestempelt. Der Umstand, dass sie zwei Kinder hatte und diese allein großzog, verstärkte dieses Bild über sie.

Birte wollte sich nicht beirren lassen. Sie suchte einen Arzt auf, der sich mit dieser Thematik auskannte. Er stellte schließlich die Diagnose Burnout und zeigte ihr auf, welche Möglichkeiten sie für die Unterstützung und die Behandlung hatte. Sie entschloss sich zu einer klinischen Behandlung. Die Kinder konnten bei den Großeltern unterkommen und Birte konnte sich auf sich selbst konzentrieren. Der Aufenthalt zeigte ihr viele Verhaltensmuster auf, die sie verändern wollte. Birte wollte wieder Birte sein und sich nicht verbiegen.

Schwierig wurde es aber, als sie die Behandlung erfolgreich beendet hatte. Birte ging mit ihren Eltern noch einmal gezielt in die Beratung, damit diese ein gewisses Verständnis entwickeln konnten. Auch mit ihren Kindern und einigen engen Freunden führte sie ausgiebige Gespräche. Schlimm wurde es für sie erst dann, als sie wieder unterrichten wollte. Für die Kollegen und Vorgesetzten war klar, dass Birte nun behandelt worden ist und die Probleme gelöst seien.

Einen Anlass zur Veränderung sahen sie nicht. Birte konnte ihr erlerntes Wissen nicht anwenden und war noch nicht gestärkt genug. Nach nur vier Monaten war Birte wieder lange krankgeschrieben und auf der Suche nach einem neuen Klinikplatz. Sie hatte leider einen Rückfall und benötigte nach dieser Negativerfahrung mehr Unterstützung denn je. Mein Beratungsangebot hatte die junge Frau genutzt, nachdem sie ihren zweiten Klinikaufenthalt beendet hatte.

 

Aber wie kann die Nachsorge nach dem Burnout funktionieren?

 

Ein anderes Beispiel ist Lars. Der Abteilungsleiter in der Finanzwirtschaft erkrankte im Alter von 54 Jahren an einem Burnout. Zunächst verstand Lars gar nicht, was da mit ihm los war und warum „nichts mehr funktionierte“. Er kam zu mir in die Beratung, weil er davon ausging, dass er herausfinden musste, warum es ihm an Motivation mangelte und er anscheinend überfordert mit seinem gewohnten Berufs- und Privatleben war. Schnell stellte sich aber heraus, dass er sich in psychotherapeutische Behandlung begeben sollte, um eine nachhaltige Besserung zu erfahren.

Abgesprochen hatten wir, dass sich Lars bei mir meldet, wenn er eine Diagnose hat. Das tat er auch und teilte mir mit, dass er an einem Burnout erkrankt sei und sich in klinische Behandlung begeben würde. Wir vereinbarten, dass er sich meldet, wenn diese abgeschlossen ist und wir gemeinsam überprüfen, ob er im Rahmen der Nachsorge Beratungen erhalten möchte.

Lars hatte sich nach der Entlassung gemeldet und deutete bereits bei diesem Telefonat an, dass er sein berufliches Leben wohl anders strukturieren wollen würde. Bestätigt wurde er in dieser Idee, als er seinen ersten Arbeitstag hatte. Die Kollegen und Vorgesetzten erwarteten „den alten und funktionierenden Lars“. Aufgrund dieser und anderer Erfahrungen ließ sich Lars von mir begleiten. Er übte die erlernten Strategien und Übungen aus der Burnout-Behandlung in der Klinik. Im Rahmen der Beratungen analysierte er seine Gefühle und Erfolge. Auch Misserfolge wurden angesehen.

Inzwischen hat Lars sich dafür entschieden, beruflich noch einmal durchzustarten. Er hat mit seiner Familie einen Bauernhof gekauft und einen Hofladen mit Café eröffnet. Nun sieht er seine Frau und die drei Kinder häufig und arbeitet mit Freude auch mit ihnen zusammen. Zuvor hatte er seine Familie immer schmerzlich vermisst, wenn er seine verantwortungsvollen Aufgaben in der Finanzwirtschaft zu lösen hatte. Er lebt glücklich und hat mir die Rückmeldung gegeben, dass er wahrscheinlich einen Rückfall gehabt hätte, wenn er nicht bereits vor Behandlungsbeginn gewusst hätte, dass er in der Nachsorge begleitet wird.

 

Was zeigen die Beispiele über die Nachsorge nach einem Burnout?

 

Grundsätzlich sollte sorgsam und professionell abgewogen werden, ob eine Nachsorge im Rahmen einer weiterführenden Psychotherapie stattfindet oder ob Beratungen ausreichend sind. Allerdings zeigt ein Blick auf die Wartelisten für Therapieplätze, dass hier noch ein weitreichender Handlungsbedarf besteht. Es ist wichtig, dass die Menschen nach der Behandlung Unterstützung dabei erfahren, wie die einzelnen Strategien am besten zur Anwendung kommen. Bei den Beratungsgesprächen können sie das selbst gut analysieren und reflektieren. Auch hierzu bekommen sie bei der Behandlung vielseitige Fertigkeiten vermittelt.

Am Beispiel von Lars wird deutlich, dass das durchaus funktionieren kann. Birtes Fall zeigt aber auch, dass Menschen, die noch nicht vollständig stabilisiert sind und dann allein gelassen werden, einer Rückfallgefahr ausgesetzt sind.

Sicherlich müssen wir noch immer in den Bereichen Prävention, Aufklärung, Sensibilisierung und Behandlung viel tun. Aber die Nachsorge nach einem Burnout sollte nicht vernachlässigt werden. Nach der erfolgreichen Behandlung sind die Menschen mit dem Thema noch lange nicht „fertig“. Nun wird es erst richtig interessant und die Arbeit beginnt. Es gilt, das Erlernte auf das „alte“ Leben zu übertragen und viele (vor allem krankmachende) Punkte zu verändern. Auch nicht erkrankte Personen wissen, dass Veränderungen immer Kraft kosten. Diese haben die frisch aus der Behandlung entlassenen Menschen in der Regel nicht im Übermaß. Die Motivation, die sie mitbringen, sollte durch ein reichhaltiges Nachsorge-Angebot ergänzt werden. Das tue ich und ich freue mich über jeden Menschen, der mit dieser Unterstützung seine Gefühle lebt, ihnen folgt und sein Leben mit Glück erfüllt – so wie Lars. (Und Birte wird es bestimmt auch noch schaffen – wir stehen in Kontakt zueinander.)

 

 

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